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  • Edouard Mathieu gibt Einblicke in die Frachentwicklung von ADP.

Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 37224

«Der Appetit kommt zurück»

Edouard Mathieu, der seit 1999 für den Betreiber der Pariser Flughäfen arbeitet, rechnet damit, dass das ungebrochene Fernweh und die schrittweise Aufhebung von Reisebeschränkungen im Sommer zu Passagiervolumina von ca. 60% des präpandemischen Niveaus führen dürften. Wie sich dies auf die Beiladung auf einem Flughafen mit ausgesprochenem Frachtfokus auswirkt, erfuhr ITJ-Redaktor Andreas Haug.


 

 

Ihre Sicht auf die Luftfahrt ist sehr umfassend. Bitte ordnen Sie die Krise ein, mit der wir seit 16 Monaten konfrontiert sind.

Wir sind dabei, aus einem ganz besonderen Kapitel der Luftfahrt zu kommen. Darin hat die Fracht insgesamt am wenigsten gelitten. Der Schock kam im März 2020, als ganze, «nicht-wesentliche», Industriezweige kurzerhand dicht gemacht haben. Sehr gefragt waren die pharmazeutische Lieferkette und PPE – über Paris wurden in wenigen Monaten 2 Mrd. Gesichts­masken umgeschlagen. In Zeiten von Kontakt­beschränkungen hat dann auch der E-Commerce profitiert. Bereits abSommer 2020 haben wir einen Anstieg der Exporte gespürt, v.a. von Luxus­gütern nach Asien und in die USA. Wir haben zwar auch an mangelnden Unterflur­kapazitäten zu knabbern gehabt, aber davon profitiert, dass der Flug­hafe

 

 

 

Können Sie konkrete Zahlen nennen?

Gegenüber 2019 hat die Frachtmenge um 10 bis 15% auf 1,64 Mio. t nachgegeben. Aber damit sind wir zufrieden, denn anderswo war es durchaus schlimmer. Und die Tonnage sagt nicht immer alles.

 

 

Was sind die Gründe für dieses «gute» Ergebnis?

Alle Beteiligten haben mitgezogen. Die Fluglinien waren extrem agil: Jene, die wie Qatar Airways den Persischen Golf oder wie Korean Air und Air China Asien, aber auch Air Algérie und Turkish Airlines unsere tradtionellen Frachtmärkte bedienen, haben ihr Angebot mit «reinen Frachtern» angepasst. Als resilient hat sich ebenfalls die Lieferkette am Boden erwiesen, und von den 17 000 direkten Arbeitsplätzen um die Flughäfen herum waren die wenigsten in Teilzeitarbeit. Überhaupt ist die lokale Frachtgemeinde sehr dynamisch und steht jetzt noch enger zusammen.

 

 

In welcher Situation befindet sich der Standort ein Jahr später?

Wir sind in einer Übergangsphase. Die gute Nachricht ist, dass die Fluglinien ihre Flotten für die Rückkehr des Betriebs in grossem Stil vorbereiten. Seit Anfang Juni haben die Luftfrachtaktivitäten auf Roissy ihr präpandemisches Volumen erreicht. Das spiegelt meines Erachtens eine Besonderheit von CDG wider: Weil wir die Fracht als wesentlichen Bestandteil des Luftfahrtgeschäfts begreifen, waren wir bereit, als die Krise kam. Es ist ein Irrweg zu glauben, ein echter Hub könne ohne Fracht funktionieren!

 

 

Worauf kommt es jetzt an?

Rund ein Drittel der lokalen Frachtaktivität fliegt nicht ab Paris. Wir haben alle Mittel, um das zu ändern.

 

 

Welche?

CDG hat vier Pisten ohne Beschränkung, und unsere Infrastruktur bietet sich zur Vermassung an: Der Flughafen verfügt mit 700 000 m2 über die grösste Frachtzone Europas und bietet 80 Flugzeugen einen direkten Pistenzugang.

 

 

Was haben Sie gegen Vollfrachter?

Nichts, im Gegenteil: Wir müssen die Bäuche der Passagiermaschinen, deren Geschäft jetzt wieder anzieht, noch besser füllen. So verbessern wir die internationale Konnektivität und – das ist eine Lehre der aktuellen Krise – rechtfertigen den Einsatz des Flugzeugs als Transportmittel. Für 2021 und darüber hinaus bin ich zuversichtlich.