
Premiere in Europa
«Energie für die Zukunft» – so lautet der Slogan von Inelfe, der französisch-spanischen Stromverbundleitung. Die zwei Werke in Spanien und im französischen Baixas bei Perpignan sind zur Zeit im Bau. Geodis Projets hat nach aufwändiger Evaluierung den Transport der überdimensionalen Transformatoren nach Baixas für Siemens über die Schiene abgewickelt. Das Projekt ist ein Novum in Europa.
Die derzeit vielgescholtene EU hatte ihren Anteil an diesem Sondertransport. Zu dem Projekt Inelfe (Interconnexion électrique France-Espagne), einer zwischen dem Réseau de Transport d’électricité (RTE) und dem Red Eléctrica de España (REE) vereinbarten Kooperation, steuert sie nahezudie Hälfte der geschätzten 700 Mio. EUR an Gesamtkosten bei. Inelfe steht für eine unterirdische Hochspannungsgleichstromverbindung zwischen Frankreich (Baixas bei Perpignan) und Spanien (Santa Llogaia d´Alquema bei Figueres) durch die Pyrenäen. Die Verbundleitung mit einer Länge von 63 km verläuft zum Teil durch Tunnel unterhalb des Albera-Massivs. Seit Mai 2011 laufen Bauarbeiten für das Werk in Baixas auf der französischen Seite des Gebirgszugs.
Einmal mehr – Transformatoren
Transformatoren sind in der Projekt- und Schwergutlogistik so etwas wie ein Klassiker geworden, auch wenn die Dimensionen erheblich sind. Für Baixas waren sieben Transformatoren des Typs 350MVA HVDC vorgesehen, mit einer Länge von 10,90 m, Breite von 4,16 m und einer Höhe von 4,45 m. Ein Einzelstück allein brachte es auf 244 t Gewicht. Dass der Hersteller Siemens diesen Auftrag akquirieren konnte, hatte nicht zuletzt mit der Lösung der Transportfrage zu tun, die er zu präsentieren imstande war. Hierfür war die Zusammenarbeit der Ländergesellschaften von Siemens in Deutschland und Frankreich von Bedeutung.
Erste Etappen des Transports
Der erste Teil des Transports vom Produktionsstandort bis Südfrankreich verlief in klassischen Bahnen. Die Transformatoren wurden in zwei Chargen im Oktober 2012 in Nürnberg verladen und per Binnenschiff bis Rotterdam verbracht. Dort schlug man die Stromumwandler auf zwei Schwergutschiffe um, die die wertvolle Fracht bis nach Port-la-Nouvelle bei Narbonne in Südfrankreich brachten. Die letzten 70 km vom Hafen zum Zielort hatten jedoch bereits seit Projektbeginn die grösste Herausforderung in der Transportplanung dargestellt. Bis Februar 2013 wurden die Transformatoren wie vorgesehen zwischengelagert, denn für das Werk in Baixas war eine «just-in-time»-Lieferung projektiert.
Strassenstudie der Strecke
Ursprünglich hatte Geodis Projets für den Transport auf dem letzten Streckenteil die Strasse vorgesehen. In Absprache mit dem Partnerunternehmen Friderici erstellte man eine detaillierte Studie. Das Ergebnis war ernüchternd: allein für die Arbeiten, um Brücken und Strassen zu verstärken und Torrente zu überwinden, musste mit Investitionen in der Höhe von mehr als 1 Mio. EUR gerechnet werden. Schliesslich kam die Schiene als Alternative zur Strasse ins Spiel.
Waggons für Schwertransport
Die technische Antwort hielt eine Tochter von Geodis, die Société de Transports Spéciaux Industriels (STSI), bereit. Ihre Waggons für Schwertransporte mit gesamthaft 28 Achsen (s. Foto auf der gleichen Seite) konnten so angepasst und präpariert werden, dass sie die Ausmasse der Transformatoren aufzunehmen imstande waren. Damit fiel für den Transport die Entscheidung zugunsten der Schiene – und damit für einen innovativen Transportweg, der in dieser Weise in Europa noch nicht durchgeführt worden wart.
Im Februar 2013 wurden die sieben Transformatoren zunächst vom Hafen bis zum Bahnhof von Port-La-Nouvelle transportiert – mithilfe eines 18 x 2 Aufliegers. Am 16. März begann der zentrale Teil des Transports per Waggon. Sieben Wochen hintereinander wurde jeweils wöchentlich ein Transformator über die STSI-Spezialwaggons von Port-la-Nouvelle bis zum nächstgelegenen Bahnhof bei Baixas, Espira-de-l´Agly, verbracht. Aufgrund der Nutzung einer regulären Hauptstrecke der SNCF stand ein Zeitfenster ab sonntags 0.00 h für je eine Fahrt zur Verfügung. «Für den ersten Konvoi haben wir auf der knapp 70 km langen Strecke über sieben Stunden benötigt», berichtet François Ruetsch von Geodis Projets. «Bei den letzten Fahrten haben wir diese Strecke mit der gewonnenen Erfahrung in weniger als der Hälfte der Zeit bewältigt.» Der letzte Transformator startete am 28. April auf dem Waggon Richtung seines Bestimmungsortes.
Auf der Zielgeraden
Konnte die Pflicht auf der Schiene relativ reibungslos abgewickelt werden, so entpuppten sich die letzten 5,8 km vom Bahnhof in Espira-de-L’Agly bis zum Standort von Inelfe bei Baixas als Kür. Die Auflagen in Frankreich sind streng, denn überdimensionales Schwergut von mehr als 18,5 m Länge, 2,55 m Breite und 50 t Gewicht benötigt eine genau abgestimmte Strecke sowie eine Sicherheitseskorte. Die konstruktive Zusammenarbeit mit den Behörden, von der Bürgermeisterei in Baixas, dem Generalrat des Départements Pyrénées-Orientales bis zur Präfektur von Perpignan machte die Routenplanung möglich. Auch hier waren einige Verstärkungen an Strassen und Kunstbauten unumgänglich, aber schliesslich konnte der Transport auf windungsreichen Wegen durch Weinberge und Dorf gemeistert und die Transformatoren am Zielort abgesetzt werden.
Gelungene Zusammenarbeit
Neben der gelungenen Abstimmung mit den Behörden hat auch die enge Kooperation des Réseau ferré de France, des Bereichs Infrastruktur der französischen Eisenbahn, der analogen Abteilung der SNCF und des Frachtbereichs Fret SNCF ihren Teil zum Gelingen des Vorhabens beigetragen. «Am 3. Mai konnte der letzte Transformator in Baixas abgesetzt werden», freut sich François Ruetsch. «Insgesamt hat das Team dieses über Jahre geplante und durchgeführte Projekt mit einer Woche Verspätung abgeschlossen. Wir dürfen auf diese Premiere stolz sein.»
Aufwand an Mensch und Material
Geodis STSI hatte sich für diesen Transport zusätzlich der Unterstützung des Transport- und Handling-Unternehmens TMC Couturier aus Maçon versichert. Die über zwei Monate aufgewendete Ausstattung war beträchtlich: es kamen Auflieger mit 34 hydraulischen Achsen zum Einsatz, ein Waggon mit 28 Achsen, 5 Sattelzugmaschinen, ein mobiler Portalkran mit 500 t Hubkraft sowie zwei Werkstätten für die Reperatur von Hydraulikzylindern und Strassenanpassung. Es waren gesamthaft 20 Personen in bis zu drei Teams vor Ort, um den Transport ständig zu begleiten.