Heavylift / Breakbulk

  • Doppelhub eines Trafokerns von 108 t.

18.04.2017 Von: Christian Doepgen


Artikel Nummer: 18693

Ob Kran oder Schiene

Die Herausforderungen im Schwergutbereich sind vielfältig. Felbermayr hatte sich jüngst einem komplexen Aufgabenspektrum zu stellen. Ob 108 t Trafokern vor Ort oder 482 t eines Stators auf der Schiene – die sorgfältige Vorarbeit entschied über den Ausgang.


 

Die Felbermayr-Kranvermietung hat im Energiesektor Ende Februar 2017 einen besonderen Einsatz bewältigt. Ort des Geschehens: Das Umspannwerk der Austrian Power Grid im niederösterreichischen Ernsthofen, das zu den vier wichtigsten Netzknoten der nationalen Stromver-sorgung gehört. Ende Februar wurde ein 50 Jahre alter Trafo ausgemustert. Um die Transportkosten möglichst gering zu halten, sollte der Spannungswandler bereits vor Ort auf dem Trafofundament in seine Bestandteile zerlegt werden.

 

108 t um zehn Meter verschoben

Das Herausheben des Trafokerns sei eine nicht zu unterschätzende Aufgabe gewesen, berichtet Felbermayr-Projektleiter Franz Brunbauer: «Nach Prüfung einiger Varianten entschlossen wir uns, den Trafokern mittels Doppelhub aus dem Kessel zu heben.» Dafür kamen Krane mit 200 und 250 t Tragkraft zum Einsatz.

 

Bevor es aber so weit war, wurde der schienengelagerte Grossumspanner noch mittels sogenannter Greifzüge etwa 10 m von seinem ursprünglichen Standplatz verzogen. «Erst danach wurde der 108 t schwere Kern aus dem Chassis gehoben und wieder an seinem ursprünglichen Ort abgesetzt», merkt Brunbauer an und erklärt, dass unter dem ursprünglichen Trafostandplatz eine dichte Ölwanne ausgebildet gewesen sei. Somit konnte die finale Demontage des Spannungswandlers in seine verwertbaren Einzelteile ohne Umweltgefährdung durchgeführt werden.

 

Rekordgewicht auf der Schiene

Auch die Schiene ist für Felbermayr bekanntes Terrain, wurde doch im Dezember 2016 vom Fachbereich für Internationale Tieflader-Bahntransporte (ITB) der schwerste jemals in Europa durchgeführte Schienentransport abgewickelt.

 

Die Planungsarbeiten hatten im Jahr 2012 begonnen. Damals wurde der Fachbereich ITB von seiten Siemens Erlangen mit einer Machbarkeitsstudie für den Transport eines Stators samt Transporthilfsmitteln vom deutschen Lieferwerk Mülheim/Ruhr bis zum polnischen Kohlekraftwerk Jaworzno beauftragt.

 

Während der Vorlauf per Schiff bis zu einem polnischen Eingangshafen sehr rasch als darstellbar qualifiziert worden war, hatte der Transport auf dem Landweg in Polen seine Tücken. Als Eingangshafen kam in erster Linie Gdynia in Frage. Dieser im Raum Gdansk gelegene Hafen würde auch von Schwimmkränen bedient werden. Die Machbarkeit eines Umschlags vom Seeschiff auf den Waggon war somit sichergestellt. Nach detaillierten Untersuchungen konnte bestätigt werden, dass ein solcher Transport auf der Schiene mit dem ITB-Spezialequipment möglich ist.

 

Auftraggeber für den polnischen Transportanteil war die für die Montage des gesamten Kraftwerksblocks zuständige Firma Rafako. Als Auftragnehmer fungierte die Tochter Best Logistics, der auch die Federführung im Gesamtprojekt oblag. Aus vertragsbedingten Gründen sollte der Übergabeort zwischen Verkäufer und Käufer nunmehr im Binnenhafen Opole liegen. Von dort abgehend war zuvor eine Schienentransportlösung gefunden worden.

 

Ende November 2016 wurde das Schwerstück in Opole auf einen 32-achsigen Spezialwaggon der ITB verladen. Der Stator wurde in einen Zuggurttragrahmen des Versenders gehoben. Die Aufgabe dieses Rahmens lag in der Übernahme der Zugkräfte, ausgehend von den so genannten Schnabelträgern. Die Druckkräfte wurden von Druckstützen übernommen, die gleichfalls vom Lieferwerk zur Verfügung gestellt worden waren. Somit waren in Summe 482 t in den Tragschnabelwagen eingehängt. Eine solche Masse wurde in Europa noch nie auf der Schiene befördert! Nach etlichen operativen Herausforderungen war der Stator am 5. Dezember 2016 am Zielort.

 

Abseits der Kernaufgabe des Schienentransports durch die ITB lieferte das Unternehmen Felbermayr mit seinen Tochter- unternehmen auch für alle vor- und nachgelagerten Leistungen Lösungen. So betraute Siemens Haeger & Schmidt in Duisburg mit dem Schiffstransport des Stators von Mülheim/Ruhr bis Opole. Der polnische Kunde wiederum betraute Best Logistics mit allen dem Schienentransport nachgelagerten Leistungen bis ins Maschinenhaus. Die Beistellung eines 1000-t-Hubgerüstes seitens Felbermayr-Krefeld sowie eines 24-achsigen Selbstfahrers seitens Felbermayr Wels, für Arbeiten innerhalb des Kraftwerkes Jaworzno, komplettierten das umfassende Dienstleistungspaket.

 

Mit dieser Schienenfahrt hat die ITB ihren eigenen, alten Rekord überboten. Dieser lag bei 475 t Einhängegewicht eines Siemens-Stators und datiert aus dem Jahr 2000.         

 

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