Heavylift / Breakbulk

  • Der Hochdruckbehälter für St. Petersburg.

10.09.2014 Von: Christian Doepgen


Artikel Nummer: 7333

Schwere Kost für Chemie

Im Wiener Hafen wurden Ende August mehrere superschwere Kolli für eine russische Chemiefabrik auf ein Binnenschiff umgeschlagen. Den Vorlauftransport bis nach Wien bezeichnete das Unternehmen Prangl selbst als «abenteuerlich». Er dauerte vier Nächte auf Gemeinde- und Landesstrassen. Josef Müller, Korrespondent des ITJ in Österreich, hat den Transport bis zum Hafen Wien begleitet.


Er ist 50 m lang, 5 m breit und 190 t schwer: der Hochdruckbehälter, der von dem österreichischen Anlagenbauer ACE in Lieboch bei Graz für eine der grössten russischen Chemiefabriken in Weliki Nowgorod gebaut und Ende August im Wiener Hafen mit Richtung Russland verschifft worden ist. Das Modul ist das Herzstück einer von ACE produzierten Ammoniakanlage für diese Chemiefabrik. «Der Hochdruck- behälter muss äusserst hohen Belastungen standhalten und wurde aus speziellen Werkstoffkombinationen hergestellt, die sowohl säure- als auch temperaturbeständig sind», erläuterte Markus Fuchsbichler, Geschäftsführer von ACE bei der Verladung der Einheit im Wiener Hafen auf ein belgisches Binnenschiff.

 

Road Survey und Routenplanung

Den Behälter und andere dazugehörige Anlagenteile von Lieboch und dem slowenischen ACE-Werk in Maribor in den Wiener Hafen zu bringen, sei eine logistische Herausforderung der besonderen Art gewesen, erklärt Christian Prangl, Eigentümer und Geschäftsführer des österreichischen Unternehmens für Schwerlogistik Prangl gegenüber dem ITJ: «Den Transport für die 200 km lange Strecke haben wir sieben Monate im voraus geplant.» Ein Transport der Einheit samt einiger weiterer Schwergutkolli auf der Autobahn nach Wien wäre nicht möglich gewesen, weil die Fahrthöhe hier auf 4,5 m limitiert ist. Wie also am besten die 5,20 m hohen Packstücke nach Wien bringen?

 

Die Fahrt ging über Gemeinde- und Landesstrassen und dauerte vier Nächte. Das Projekt-Team führte zuvor eine umfangreiche Strecken-Analyse durch. Mit einem speziellen Messwagen wurde die Route abgefahren und die Fahrverhältnisse vermessen. Im Nachhinein spricht Prangl von einem «abenteuerlichen Transport», weil die Fahrzeugabmessungen der insgesamt vier Einzeltransporte mit Längen von 33 m, Breiten und Höhen von 5,20 m und Gewichten von 85 t durchaus spektakuläre Dimensionen hatten.

 

Die Entladung der Module am Hafen Wien erfolgte mittels zweier 100 t-- Mobilkrane, wobei die Einheiten im Tandemhub entladen wurden. Anschliessend wurden die Komponenten vor Ort durch Montageteams von ACE zu zwei Modulen zusammengeschweisst, wobei die Wandstärke sowie der Durchmesser des Behälters auch an die Schweissnähte hohe Ansprüche stellt. Zu diesem Zweck wurde am Hafen Wien auch eine spezielle Anpassung der Stromversorgung vorgenommen, um die notwendigen Montage-Gerätschaften betreiben zu können.

 

Kombinierter Transport über See

In Wien wurde die Schwerfracht auf ein 135 m langes Binnenschiff verladen, das zu den grössten gehört, die auf Rhein, Main und Donau problemlos mit einer derartigen Ladung fahren können. Das Schiff verbringt die Ladung nach Rotterdam, wo die Kolli auf ein Hochseeschiff verladen und Kurs Richtung St. Petersburg nehmen. ACE hat Prangl mit der logistischen Abwicklung ab den beiden Werken nach Wien beauftragt. Die weitere Abwicklung des Transports über den Wasserweg nach Russland und dort zum Bestimmungsort liegt beim russischen Logistikunternehmen DIS mit Sitz in St. Petersburg, so Fuchsbichler.

Aufgrund ihrer besonderen Dimensionen werden die drei in Wien verladenen Module von zwei High-and-Heavy-Mobilkranen mit je 500 t bzw. 300 t Hebekraft in einem ausgeklügelten Tandemhub-Verfahren hochgehievt. Erst nach der Auslieferung direkt in Weliki Nowgorod werden die drei Komponenten endgültig zusammengebaut. Allein die beiden Segmente des grossen Hochdruckbehälters haben je eine Länge von 25 m und ein Gewicht von rund 100 t.

 

Prangl hat nicht nur in der Schwergutlogistik in Österreich seinen Platz. Das Unternehmen mit Standorten in sieben europäischen Ländern und 630 Mitarbeitern ist mit der aktuellen Geschäftsentwicklung zufrieden, so Prangl gegenüber dem ITJ: «Unsere grösste Herausforderung sind die Investments, die wir machen, weil damit Risiken verbunden ist.» Die Kräne mit Tragfähigkeit von bis zu 500 t und andere Ausstattung werden vorausschauend für einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren angeschafft, so lange bleiben sie im Fuhrpark und sollten während dieser Zeit bestmöglich ausgelastet sein.

 

 

 

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