Heavylift / Breakbulk

  • Die «Damgracht» wurde bereits erfolgreich getestet.

05.11.2014 Von: Antje Veregge


Artikel Nummer: 8073

«Wo steht das Klavier?»

Die in Hamburg beheimatete Coli-Gruppe feiert in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag. Von einer Midlife-Crisis ist jedoch selbst im derzeit schwierigen Marktumfeld nichts zu spüren. In Gegenteil: Dass das Unternehmen in den besten Jahren ist, um sich international breiter aufzustellen, erläuterte der Geschäftsführer Herbert Lösing der stellv. ITJ-Chefredaktorin Antje Veregge.


Die Coli Schiffahrt & Transport feiert in diesem Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum. Auslöser für die Geschäftsgründung im Jahr 1974 war die erste Ölkrise. Seit einigen Jahren kämpft die Schifffahrt erneut mit schwierigen Bedingungen. Können Sie von Ihren Erfahrungen profitieren?

Die erste Ölkrise und der damit verbundene Ladungsboom waren tatsächlich der Auslöser für unsere Gründung damals. Man muss allerdings bedenken, dass der heutigen Krise erst einmal fette Jahre zwischen 2003 und 2009 vorausgegangen sind. In der Projektfahrt war auch 2009 noch stark, da viele Aufträge abgewickelt wurden. Für uns war es sogar ein absolutes Rekordjahr – von Krise war damals noch nichts zu spüren. Dennoch haben wir eines aus den 70er Jahren gelernt: Man muss vor allem ein ständiges Auge auf die Kosten haben und den Kontakt mit der Kundschaft pflegen. Das ist das Wichtigste. Schliesslich gilt, dass der gesamte Markt auch in einem schwierigen Umfeld sein Geschäft machen muss. Daher muss man sich natürlich auch dann anbieten. Statt zu klagen sollte man vielmehr fragen: Wo steht das Klavier?

 

Was ist Ihre Strategie dabei?

Bei uns gibt es keine Geschäftsführer von Beruf, sondern der Chef arbeitet auch. Wir sind ein kleiner, kompakter Laden. In Hamburg zählen wir 25 und weltweit 60 Mitarbeiter. Insgesamt stellen wir uns auf die Zeiten ein. Wenn man die Kosten im Griff hat, dann funktioniert das Geschäft auch in diesem Markt. Jetzt sind wir bereits im fünften Krisenjahr, doch eigentlich haben wir 2014 schon gewisse Verbesserungen feststellen können. 2013 war am härtesten, aber auch das haben wir immerhin profitabel abgeschlossen. Insofern gibt es Grund, optimistisch zu sein. Die Frachtraten, und damit die Kommissionen, sind natürlich bedeutend niedriger. Aber wir sind eigentlich auch in den letzten Jahren ganz zufrieden gewesen. Krise heisst, härter zu arbeiten, aber deswegen haben wir nicht den Glauben an die Zukunft verloren.

 

Angefangen haben Sie als Linienagentur für Dienste im Mittelmeerraum. Wie sind Sie heute aufgestellt?

In Europa sind wir in Hamburg, Bremen, Antwerpen und Rotterdam bereits seit langem etabliert. Darüber hinaus haben wir im August eine Niederlassung in Esbjerg eröffnet. Ausserdem sind wir seit 2013 mit neuer Besetzung in Singapur präsent und haben in Seoul eröffnet. Unsere Filiale in Tokio hingegen besteht bereits seit den 80er-Jahren. Und für China planen wir eine neue Niederlassung. Eines ist dabei jedoch überall gleich: Man kann zwar die besten Ideen haben, aber für die Umsetzung braucht es die richtigen Leute – und die zu finden, ist nicht immer einfach. Unsere Einstellung ist daher diese: Man muss Chancen ergreifen, wenn sie sich ergeben.

 

Das haben Sie im Krisenjahr 2013 getan. Der Neustart in Singapur und Seoul kann nicht einfach gewesen sein.

Dennoch haben beide Büros gleich im ersten Jahr einen Profit erwirtschaftet. Es war zwar nur ein kleiner Gewinn, aber immerhin. Und wenn das in diesen Zeiten möglich ist, dann haben wir in besseren Jahren auch die Chance auf einen ordentlichen Gewinn. Die Hauptsache ist ja, man verdient sein Geld.

 

Was haben Sie in China vor?

Wir arbeiten an der Eröffnung eines eigenen Büros in Schanghai oder Hongkong. Dabei profitieren wir von unserer sehr guten Kooperation mit Wu Shipping & Trading hier in Hamburg. Wir arbeiten seit mehr als 15 Jahren sehr eng für den chinesischen Markt zusammen, bislang aus Hamburg. Jetzt suchen wir aber jemanden, der direkt aus China operiert.

 

Ist geplant, darüber hinaus an weiteren Standorten aktiv zu werden?

Wir möchten das USA-Geschäft ausbauen. Im letzten Jahr haben wir den US-Desk von Hamburg nach Bremen verlagert, da das Transatlantik-Geschäft traditionell dort angesiedelt ist. Und auch für unseren bereits vorhandenen Standort Houston suchen wir Nachwuchs, der vor Ort für uns aktiv wird. In der Zwischenzeit bearbeiten wir das Geschäft mit Maklern und direkten Kontakten hier aus Europa.

 

In Tokio ist die Coli-Gruppe hingegen schon fest verwurzelt.

In Japan sind wir traditionell sehr stark und haben dort über die Jahre ein enges Vertrauensverhältnis mit vielen Kunden aufgebaut, allen voran mit unseren Freunden von NYK Bulk & Projects Carriers Ltd. Das Japan-Geschäft, und Asien allgemein, ist unser stärkster Geschäftszweig. Deswegen bauen wir diesen Bereich auch aus. In Europa sind die Geschäfte hingegen rückläufig. Wir wollen daher unsere Verbindung mit Asien stärken und daraus für die gesamte Gruppe einen Vorteil ziehen.

 

Europa verliert an Bedeutung?

Europa hat auch eine Zukunft – aber nicht so sehr in der Produktion, sondern mehr im Handel, im Know-how. Sehr viele Europäer sind mittlerweile in Asien. Egal wohin man geht, überall trifft man auf Leute, die man kennt. Das ist eine unserer Stärken, denn Verbindungen sind dort sehr wichtig. Nicht zu vergessen ist die Grösse des Marktes: Zwei Drittel der Menschheit leben in diesem Teil der Welt. Also müssen wir uns stärker um Asien kümmern.

 

Dazu passt auch die Eröffnung Ihres neuen Büros in Istanbul. Worin liegt für Sie der Vorteil, dort vor Ort präsent zu sein?

In der Türkei leben 80 Mio. Menschen. Darüber hinaus können wir von dort aus die Region rund um das Schwarze Meer sowie Länder der GUS bedienen. Das ist ein absolut spannendes Gebiet. Das Geschäft mit Russland ist zwar zurzeit beeinträchtigt, wird aber wieder kommen. Dort sehen wir neben Asien derzeit am meisten Geschäftspotenzial. Die Türkei erlebt ein boomendes Geschäftsumfeld, sowohl als eigener Markt als auch als Transitland, da hier viel Handel mit den Nachbarländern betrieben wird. Aus diesem Grund haben wir hier mit einem sehr guten Partner ein Büro eröffnet.

 

Was steht für das kommende Jahr auf Ihrer Agenda?

Wir wollen unsere Reedereiaktivitäten weiter ausbauen. Unsere beiden Carrier, CPC in Hamburg und ABB in Singapur, fahren derzeit im Gemeinschaftsdienst mit bis zu acht Schiffen zwischen Asien und Europa. Hier werden wir voraussichtlich vier weitere Einheiten aufnehmen. Es handelt sich im Wesentlichen um die gängigen E- und F-Typen mit einer Kapazität von 12 300 t und Kranen, die auf 240 bis 360 t ausgelegt sind. Möglicherweise gehen wir auch in die 15- bis 17 000-t-Klasse, was wir vor Kurzem mit der Damgracht schon erfolgreich gemacht haben. In das Geschäft mit extra schwerer Ladung werden sich die Carrier aber nicht einschalten. In diesem Bereich gibt es unserer Einschätzung nach schon zu viel Tonnage. Ausserdem vertreten wir in dem Segment Jumbo Shipping, und die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut.

 

Und wie sehen die nächsten 40 Jahre für die Coli-Gruppe aus?

Bei uns steht jetzt der Generationswechsel an. Ich möchte zwar auch künftig noch arbeiten, aber wir haben das Glück, viele gute junge Leute zu beschäftigen. Diese können das Unternehmen in die nächste Generation führen. Es gibt bereits heute einige Prokuristen in unseren Firmen. In Zukunft werden diese Positionen ausgebaut. Das Wichtigste ist für uns, dass Coli an die nächste Generation geht und alle einen guten Job behalten. 40 Jahre erfolgreich zu sein, ist eine Sache. Das Geschäft in die nächste Generation zu führen, ist jedoch genauso wichtig.

 

 

 

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