
Conference Call aus Tokio
Die internationale Berichterstattung steht seit jeher im Fokus unserer Zeitschrift. Axel C. Scherrer, ein ehemaliger Korrespondent des ITJ, begab sich im Jahr 1967 nach Japan und lieferte spannende Eindrücke aus dem Fernen Osten. Besonders geprägt war diese Zeit von der Berichterstattung über die damals aktive Far Eastern Freight Conference.
Mein Weg nach Japan begann eigentlich in Norwegen. Nach einem Praktikum bei der Reederei Wilh. Wilhelmsen bewarb ich mich um eine Versetzung in eine ihrer Agenturen in Fernost. Mein Anliegen wurde mit dem Einsatz in Tokio belohnt.
So trat ich im Jahr 1967, natürlich per Frachter, die Reise nach Japan an. Fünf Wochen auf hoher See, noch dazu als Mitreisender auf der Jungfernfahrt der MS Taronga, das war ein einmaliges Erlebnis. Damals konnten jeweils 12 Passagiere mitgenommen werden, höchster Komfort und Verpflegung in der Offiziersmesse waren dabei Standard. Ein besonderer Höhepunkt war zudem die Tatsache, dass die Jungfernfahrt in jedem Hafen gefeiert wurde, so z.B. in Cebu (Philippinen).
In Japan angekommen, ging es in der Reedereiagentur lebhaft zu. Bereits kurz nach meiner Ankunft fügten sich die Wilh. Wilhelmsen und die Swedish East Asia Company zum neuen Gemeinschaftsdienst Seaco-Wilhelmsen zusammen. Später kam zudem die dänische East Asiatic Company (EAC) dazu, das Ergebnis nannte sich Scandutch. Heute ist das alles Geschichte: Die EAC ging in der Maersk Line auf, Wilh. Wilhelmsen konzentriert sich indes auf Autotransporter und RoRo-Schiffe. Seaco gehörte zum Broström-Konzern und stellte die Linienschifffahrt schliesslich ein.
Aus Tokio nach Basel
Unter diesen Umständen gab es täglich so viele Neuigkeiten, dass ich diese nicht für mich behalten wollte. Also sprach ich auf einem Heimaturlaub mit Franz Rittmann, dem Gründer und damaligen Inhaber des ITJ, das Sie in den Händen halten. Zusammen mit dem Redaktor für Seeschifffahrt zu der Zeit, Robert Federspiel, einigten wir uns auf einen Versuch als Korrespondent im Nebenamt. Die Arbeit bestand aus der Sammlung der regionalen Medienberichte und der Zusammenstellung der Nachrichten aus dem internationalen Transportbereich. Damit kam die Akkreditierung als Journalist beim japanischen Aussenministerium. Damals hatten nur zwei Schweizer Zeitungen diese Ehre: die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und das ITJ. Darüber hinaus war eine sofortige Mitgliedschaft beim Foreign Correspondents’ Club of Japan möglich.
In unserer Hauptagentur für Japan beschäftigten wir uns auch mit der Politik der Reedereibranche. So gelang es mir, einen Teil meiner Informationen für das ITJ durch meinen Arbeitsalltag zu beschaffen – eine angenehme Abwechslung zu der Buchungstätigkeit für gefährliche Güter und Schwergut.
Wöchentlicher Bericht
Meine reguläre Arbeit gab mir andererseits jedoch Zugriff auf Grundlagen, die mir wöchentliche Informationen in die Redaktionsstube nach Basel erlaubten. Besonders interessant für mich war die Berichterstattung für die damalige Far Eastern Freight Conference (FEFC). Derzeit wurden die Zahlen über die Verladungen jeder Linie auf jedem Fahrtgebiet noch per Hand zusammengetragen. Die Angaben der Tarifklassifizierungen mussten dabei genauestens überprüft werden. Die teuersten Tarifklassen beruhten auf ad valorem, also auf Prozenten des Warenwertes. Das hatte zur Folge, dass die Wertangaben heikel und schwierig zu überprüfen waren. Dazu gab es sogenannte «deferred rebates». Blieb ein Verlader einer Konferenz über eine gewisse Zeit treu, so profitierte er von einer Rückvergütung. Welch eine aufwendige Kontrollarbeit! Dazu mussten die Tätigkeiten der Outsider, also der Nichtmitglieder der Frachtkonferenz, verfolgt und analysiert werden. Hier konnte die Schifffahrtspolitik zwischen Europa und Asien unmittelbar beobachtet werden.
In jener Zeit konnten die Reeder mit dem Aufwand für die FEFC gute Erträge erwirtschaften und überleben. Und heute? Dieser Tage war in der Fachpresse zu lesen, dass die Panamax-Raten weiterhin dramatisch sinken. Wie sich die Zeiten ändern!