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  • M. Steen (l.) im Gespräch mit ITJ-Redaktor A. Haug

27.07.2017 Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 19575

«Eine fantastische Branche»

Nach ca. 15 Jahren in verantwortlichen Positionen bei Fluglinien und anderen Gliedern der globalen Supply Chain ist der gebürtige Schwede Michael Steen nun seit zehn Jahren am Steuer von Atlas Air, dem weltgrössten Betreiber von B747-Frachtern (42), aber auch elf B777F, 25 B767-, eines B757- sowie sechs B737-Frachtern. Verstärkt wird die Diversifizierung durch die Partnerschaft mit Amazon.


 

 

Herr Steen, bitte erklären Sie uns den Aufbau von Atlas Air Worldwide.

Unser Präsident und CEO William J. Flynn fing zusammen mit mir bei Atlas Air an, und wir beschlossen, die Strategie des bis dahin fast ausschliesslich in den Bereichen Wet Lease und Charter tätigen Unternehmens neu auszurichten. Zunächst stieg DHL Express zu 49% in unsere Linienfluggesellschaft Polar Air Cargo ein und wurde zum Rückgrat der transpazifischen Aktivitäten von DHL Express. Wenn Sie bedenken, dass wir damals sechs Maschinen für unseren Partner abstellten und es heute 37 sind, sehen Sie, wie wichtig diese Art von Beziehung für uns geworden ist.

 

Darüber hinaus haben wir die Grösse und Beschaffenheit unserer Flotte massiv verändert, die damals nur aus B747-200 und -400 bestand. Mit technologisch ausgereiften Modellen können wir nun auf die Wünsche ganz unterschiedlicher Kunden eingehen. Das ist unser Verkaufs­argument. Gleichzeitig gelingt es uns, selbst in diesen unruhigen Zeiten zu wachsen. Insgesamt 91 Maschinen hatten wir im Mai, Ende des Jahres übertreffen wir vielleicht die 100. Jedenfalls entwerfen wir gerade unseren Fahrplan für die nächsten zehn Jahre.

 

 

Der grosse Triple-Seven-Anbieter Southern Air wurde 2016 von der Atlas Air Holding übernommen...

...und wird derzeit in Atlas Air integriert. In der Folge wird auch die Marke «Southern Air» verschwinden.

 

 

In welche Richtung geht der Ausbau der Flotte?

Wir analysieren immer die Bedürfnisse der (möglichen) Kunden und werden 2018 v.a. B767-Frachter einflotten, deren Kapazität am besten auf die Anforderungen im E-Commerce eingehen. Ein erster Schritt dahin sind die 20 B767F, welche die Atlas-Tochter Titan Aviation Holdings für Amazon im US-Markt einsetzt.

 

 

Wie entwickelt sich diese seit ihrer Ankündigung 2016 viel zitierte [vgl. ITJ 37-38/2016, S. 38] und teilweise kritisch kommentierte Partnerschaft?

Wir sind ganz begeistert von dieser neuen Kooperation, da sie für uns einen soliden Einstieg in ein neues Wachstumsfeld der Luftfracht bedeutet. General Cargo bleibt der Hauptpfeiler der Industrie, und mit mehreren Integratoren sind wir bereits sehr stark im Expressbereich tätig. Aber E-Commerce ist ein vollkommen anderes Geschäftsmodell, nämlich B2C. Das Flugzeug ist der Verkehrsträger, der garantiert, dass die Kunden ihre Bestellungen so schnell wie möglich erhalten. Und es werden spürbar mehr: Selbst in den USA liegt der Online-Durchdringunsgrad der Haushalte noch bei nur 8% – wovon 60% auf immaterielle Waren wie digitale Filme oder Bücher entfallen.

 

 

Amazon gibt’s auch ausserhalb der USA...

Zunächst beschränkt sich unsere Zusammenarbeit auf diesen Markt. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

 

 

Wie nehmen Ihre «klassischen» Kunden – also Fluglinien und Integratoren – den Deal mit ihrer neuen Konkurrenz auf?

Das sollten Sie die selber fragen! Aber jeder kann sehen, dass es im Geschäft zu gewissen Symbiosen kommen kann, die am Ende allen Beteiligten dienen.

 

 

Sämtliche Ihrer Geschäftsbereiche sind also im Wachstum. Was ist mit Chartern?

Da sind wir ebenfalls stark beschäftigt, ob es sich um Formel 1-Rennwagen handelt, lebende Tiere oder die Präsentation neuer Produkte. Die Luftfracht ist ein Treiber im globalen Wirtschaftsgefüge.

 

 

Welche «tragende Rolle» spielt Atlas?

Beispiel Lateinamerika, das wir mit drei bis vier Liniendiensten wöchentlich ab Miami bedienen: Südwärts sind viele Ersatzteile dabei, nordwärts füllen wir die Flugzeuge mit Perishables – 60% des in den USA konsumierten Spargels und sämtlicher Lachs aus Chile bei Costco fliegt mit Atlas Air. Darauf sind wir stolz.

 

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