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Von: Christian Doepgen


Artikel Nummer: 47178

Vom neuen Dienst am Kunden

«Durch Dienen zu herrschen, ist das Geheimnis des Erfolgs.» «I-Ging» oder das «Buch der Wandlungen», ältester chinesischer Weisheitsklassiker aus dem 2. Jht. v. Chr.


 


Lange Zeit hiess es in unseren europäischen Breiten, dass man sich im Vergleich zu anderen Regionen von der Service-Wüste Richtung Service-Savanne bewege. Jüngste Erlebnisse haben mich vom Gegenteil überzeugt.


Gleich zur Klarstellung: Die Aussage, dass der Kunde König sei, lässt mich ebenso kalt wie wohl viele Andere. Wer vor dem Kunden in die Knie geht, hat bereits den ersten Fehler gemacht. Es geht schlicht darum, ein vernünftiges Produkt oder eine gute Dienstleistung zu einem vertretbaren Preis anzubieten und zeit-gerecht umzusetzen – auf Augenhöhe. Alles Andere ist beidseitiges Wunschdenken. Wie Audrey Hepburn sagte: «Du hast zwei Hände: eine, um Dir selbst zu helfen, die zweite, um anderen zu helfen.»


Dieses Gesetz der Balance scheint aber gefühlt seit dem Jahr 2020 nicht mehr aufzu-gehen. Als Berufsreisender sind Verspätungen von Zug und Flugzeug inzwischen – und das war nicht immer so – Teil der Alltags. Neu aber ist die Botschaft, die ich kürzlich auf einem französischen Flughafen nach einer Verspätungsmeldung hörte: «Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass Ausfälligkeiten gegenüber unseren Mitarbeitern strafbar sind.» Nun ist jedem bewusst, der eine überspannte Warteschlange (üb)erlebt hat, dass solche Aussagen mit Blut geschrieben sind. Dennoch erschien es mir unausgewogen, dass für die mangelhafte Dienstleistung noch nicht einmal die Kompensation einer Entschuldigung zu vernehmen war.


Der gleiche Geist steckt hinter dem irrlichternden Begriff der «Stärkung des aktiven Konsumenten». Das Prinzip, mit Automaten zu kommunizieren, selbst einzuchecken oder online per App zu konfigurieren, hat sich inzwischen bis in Luxusbereiche hinein durchgesetzt. Die Hinweise, so werde das Angebot günstiger oder an anderer Stelle dafür der persönliche Service ausgebaut, bleiben meist Behauptung. Was aber tun, wenn man zu den Ewiggestrigen gehört, die auf die beidseitige Verpflichtung von Kunden und Dienstleister pochen?


Das wahre Luxusgut ist bekanntlich nicht Geld, sondern Zeit. Ich selbst stelle mich eher in besagte Warteschlange als vor den Selfscanner. Getreu dem Motto des Unternehmer-Urgesteins Arthur F. Sheldon: «Wer am besten dient, profitiert am meisten.»   

 

 Christian Doepgen

 

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