News

Von: Marco Wölfli


Artikel Nummer: 30819

Konstanz an der Spitze

Der Agility Emerging Markets Index ist ein guter Indikator für die Entwicklung der aufstrebenden Märkte. China behauptet sich trotz wirtschaftspolitischen und gesundheitlichen Turbulenzen. Möglich, dass eine Rezession alles über den Haufen wirft. Eine solche wird von manchen Logistikern erwartet, doch Agility-CEO Essa Al-Saleh demonstriert im Gespräch mit dem ITJ Gelassenheit.



Auf den ersten Blick enthält der Agility Emerging Markets Logistics Index 2020 wenig Neues. Die Länder auf den ersten sechs Rängen belegen die gleichen Plätze wie im Vorjahr und auch dahinter kam es nur zu geringfügigen Veränderungen. Mit Blick auf die aktuellen Ereignisse, die die Logistikwelt momentan bewegen, birgt der Index des kuwaitischen Logistikers dennoch einige interessante Begebenheiten. Wie in den letzten sechs Ausgaben steht China auch dieses Jahr an der Spitze der aufstrebenden Märkte. Allerdings während einer ausgesprochen heiklen Phase. Kaum sind die Auswirkungen des Handelskonflikts mit den USA einigermassen gebändigt, versetzt das Coronavirus der chinesischen Wirtschaft einen Dämpfer.

 


Was bewirkt das Coronavirus
Klar ist, dass praktisch jedes international tätige Logistikunternehmen auf irgendeiner Weise mit China verbunden ist – so natürlich auch Agility. Essa Al-Saleh, Präsident und CEO der Agility-Division Global Integrated Logistics (GIL), sagt: «Das Coronavirus beeinflusst die Logistikströme. Doch in welchem Umfang können wir im Moment nicht abschätzen.» Dass der Ausbruch des Virus mit dem chinesischen Neujahrsfest zusammenfiel, sei eine Milderung gewesen, da in diesem Zeitraum sowieso weniger Transportaktivitäten stattgefunden hätten, erklärt Al-Saleh im Gespräch mit dem ITJ. Agility beobachtet die weitere Entwicklung der Situation genau und prüft verschiedene Szenarien, falls sich die Lage plötzlich deutlich verschlechtern würde. «Wir stehen in stetigem Austausch mit der WHO», betont Al-Saleh.


Unter Ausklammerung des Coronavirus zeigt der Report, dass viele Emerging Markets nicht mehr so extreme Ausschläge gegen oben und unten durchmachen. Das sei darauf zurückzuführen, dass Investoren aufstrebende Märkte nicht mehr einzig wegen der Kosten auswählen, sagt der Agility-CEO: «Die junge und wachsende Bevölkerung in diesen Ländern will auch Wohlstand, was den Konsum fördert und die Entwicklung vorantreibt.»

 


Handelshemmnisse behindern Indien
Im Emerging Markets Index ist Indien zum vierten Mal in Folge auf Rang zwei gelistet. Der grössten Demokratie der Welt wird seit Jahren der wirtschaftliche Durchbruch prophezeit, eingetreten ist er höchstens punktuell. Auch Essa Al-Saleh schwankt bei seiner Beurteilung Indiens zwischen Optimismus und Ernüchterung: «Indien ist auf einem guten Weg, aber das Business-Umfeld ist von vielen Regulierungen und Barrieren geprägt. Die Politik könnte in diesen Bereichen noch mehr tun.» Ebenfalls zwiespältig ist der Blick auf Afrika. Nigeria gewann acht Ränge, soviel wie kein anderes Land, das nahe Ghana verlor sieben Ränge und Ägypten überholt Südafrika und platziert sich als «Kontinentalmeister» auf Gesamtrang 20. Die Dynamik in Afrika spielt auch für Agility eine wichtige Rolle, da das Unternehmen in verschiedenen Regionen stark präsent ist. «Der Aufstieg von Ägypten hat mich sehr gefreut, so wie ich die Entwicklung von Südafrika bedaure», sagt Al-Saleh. «Trotz unterschiedlichen Dynamiken bleiben die afrikanischen Länder für Agility wichtige Märkte.»

 


64% fürchten eine Rezession
Der Emerging Markets Index von Agility untersucht nicht nur Länder, sondern befragt auch Meinungsführer aus der Logistikindustrie zu ihren Geschäftsprognosen. Diese zeichnen für das 2020 ein negatives Bild. Von den 780 Befragten rechnen 64% in den nächsten zwölf Monaten mit einer Rezession. Essa Al-Saleh will dagegen nicht in dieses Klagelied einstimmen: «Diese Sorge vor einer Rezession könnte sich als selbsterfüllende Prophezeiung erweisen. Niemand kann sagen, wie sich das Coronavirus oder andere Dinge entwickeln. In meinen 20 Jahren in der Logistikindustrie habe ich gelernt, dass positive und negative Veränderungen sehr schnell eintreten können.»

 

 

 

 

Mehr zum Thema