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  • Christian Faggin ist Managing Director von Alpensped.

10.07.2019 Von: Marco Wölfli


Artikel Nummer: 28272

Weniger Autoteile, mehr Toilettenpapier

Christian Faggin leitet zusammen mit seinem Bruder Massimo Faggin das Mannheimer Logistikunternehmen Alpensped in zweiter Generation. Im Interview spricht er über den zu grossen Anteil der Automobilindustrie im Portfolio von Alpensped, dem erfolgreichen Kampf gegen Ladungsdiebstähle und die Chancen in der Nische.


 

Alpensped ist in den letzten Jahren kontinuierlich, aber nicht rasant gewachsen. Steckt dahinter eine langfristige Strategie?

Absolut. Wir hatten bis ins Jahr 2009 eine starke Wachstumsphase. In der Folge mussten wir unsere Prozesse der neuen Grösse anpassen. Diese Entwicklung hält immer noch an. In den letzten Jahren sind wir deshalb immer 3-5% gewachsen. Mehr wäre schwierig, weil wir kaum genügend Personal finden würden und unser Qualitätsanspruch leiden könnte.

 

 

Leidet Alpensped besonders unter dem Personalmangel, da die Wirtschaft in der Region Mannheim floriert?

Grundsätzlich ist das ja eine positive Situation. Aber es stimmt, dass Grossunternehmen wie SAP, BASF auf dem Arbeitsmarkt starke Konkurrenten sind. Was uns gut gelingt, ist dass unser Personal treu ist, und wir wenig Fluktuation haben. Doch die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern ist anspruchsvoll, gerade bei Disponenten.

 

 

Letztes Jahr hat Alpensped 65 000 Sendungen transportiert. Geht es in dieser Grössenordnung weiter?

Davon gehe ich aus. In der Automobillogistik stellen wir fest, dass die Nachfrage nach kleinteiligen Sendungen steigt. Dies ist ein allgemeiner Trend, was bedeutet, dass das Gesamtvolumen weniger stark steigt als die Anzahl der Sendungen. Wir versuchen aber, nach Möglichkeit mehrere Sendungen mit dem gleichen Zielort zu einer zusammenzufassen.

 


Sie sprechen die Automobillogistik an. Welche Rolle spielt dieser Bereich für Alpensped?

Fast eine zu grosse Rolle! Der Anteil der Automobilbranche an unserem Geschäft liegt bei rund 35%. Wir versuchen deshalb, diese Abhängigkeit in den nächsten Jahren zu reduzieren und andere Branchen zu stärken. Ein ausgeglichenes Portfolio von Branchen und Kunden ist uns wichtig.

 

 

Die Automobilbranche ist in Süddeutschland bedeutend. Weshalb wählen Sie dieses Vorgehen?

Wenn es in den nächsten Jahren zu einem wirtschaftlichen Abschwung kommt, dürfte auch die Automobilbranche darunter leiden. Ich sage gerne: Essen und Toilettenpapier wird immer gekauft. Wir tun deshalb gut daran, auch mit anderen Branchen zusammenzuarbeiten.

 

 

Die Wurzeln von Alpensped liegen im Verkehr Deutschland-Italien, später kam Südosteuropa hinzu. Wie sind Sie heute aufgestellt?

Italien ist immer noch wichtig, doch während es vor 25 Jahren 100% waren, sind es heute noch 12%. Momentan fahren wir in 22 Länder und sind eigentlich offen für alles. Es braucht einfach ein gewisses Volumen. Zum Beispiel haben wir kürzlich ein Pilotprojekt Richtung Ukraine gestartet. Die Initiative kam von Seiten des Kunden. Wenn wir diese Relation dann etablieren, versuchen wir durch Marketing-Aktivitäten zusätzliche Kunden zu generieren.

 

 

In Rumänien hatte Alpensped Probleme mit Ladungsdiebstählen, die Sie aber in den Griff bekommen haben. Was ist passiert?

Wir sind seit 2003 für Volkswagen in Rumänien unterwegs. Vor drei Jahren kam eine Taskforce von Volkwagen zum Schluss, dass sie und wir in Rumänien massiv beklaut werden. Damit wurde das Thema erstmals sorgfältig untersucht. Mir war sofort klar, dass wir uns komplett öffnen und den Kampf gegen die Ladungsdiebstähle aufnehmen. Wir haben anschliessend verschiedene Massnahmen umgesetzt. Zum Beispiel dürfen Fahrer nur noch auf bewachten Parkplätzen Pause machen, und die Plane muss nach jedem Stopp kontrolliert werden. Innert eines Jahres konnten wir die Diebstähle um 70% senken. Dafür verantwortlich war auch ein Tool, das die Hochschule Heilbronn entwickelt hat.

 

 

Was ist das für ein Tool?

Wir haben darin eine Vielzahl von Daten im Zusammenhang mit Frachtdiebstählen erfasst. Durch das Tool wurden Auffälligkeiten sichtbar, die uns bei der Umsetzung des Sicherheitskonzepts geholfen haben.

 

 

Wie ist der aktuelle Stand?

Eine Massnahme ist die Zertifizierung der 200 Fahrer. Bis Jahresende sollen sich die Fahrer, die für Alpensped in Rumänien tätig sind, einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Zudem prüfen wir die Video­überwachung von sensiblen Transporten, wie beispielsweise Airbags.

 

 

Man hat den Eindruck, dass andere Transportunternehmen dem Thema Frachtdiebstahl weniger Bedeutung zumessen. Was ist Ihre Motivation?

Da der Handlungsdruck in der Automobilindustrie am Grössten ist, sind wir vielleicht stärker sensibilisiert. Dazu erhoffen wir uns auch einen Wettbewerbsvorteil, wenn wir uns als sicheres Unternehmen in Südosteuropa positionieren können.

 

 

Alpensped ist ein mittelgrosses Familienunternehmen, das von Ihnen und Ihrem Bruder geleitet wird. Besteht die Gefahr, dass der Betrieb dereinst verkauft wird?

Wir erarbeiten gerade die Strategie Alpensped 2025. Darin geht es um Digitalisierung und Spezialisierung. Wir wollen weiter in Nischenmärkten wachsen. Ich bin überzeugt, dass abseits des Massengeschäfts genügend Nachfrage besteht, so dass auch kleinere Player wie Alpensped eine Zukunft haben. Gerade in der Projektlogistik und bei Schwertransporten inklusive Beratung sehen wir noch viel Potenzial.       

 

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