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  • Cris Nicholson von Ethiopian Airlines mit Paketen statt Passagieren.

Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 32685

Halb leer oder halb voll?

Wie «voll» sind die Flugzeuge derzeit wirklich unterwegs? Wie sehr verändert Covid-19 den Stellenwert der Fracht für die Luftfahrt insgesamt? Und wie geht es wohl in den nächsten Monaten weiter? Ein paar gesammelte Antworten.


 

Mit der weltweiten Ausbreitung des neuartigen Coronavirus’ und den Massnahmen zu ihrer Eindämmung ist die Luftfahrt Mitte März praktisch zum Erliegen gekommen. Entsprechend sind Luftfrachtvolumina zunächst stark eingebrochen, wobei sich die Rückgänge nun allmählich stabilisieren.

 

Ist die Luftfrachtleistung der Iata-Mitglieder im März 2020 um 14,7% gegenüber dem Vorjahresmonat gefallen, waren es im April 25,6%, aber «nur noch» 20,3% im Mai. Dabei wurde auf der wichtigen transpazifischen Handels­route das Vorjahresniveau nur um 0,4% verfehlt. Zieht man als Vergleichsgrösse die verfügbaren Kapazitäten (März –22,7%, April –42%, Mai –34,7%) hinzu, wird ein klarer Trend deutlich. Weniger aussagekräftig sind die von der Iata übermittelten Zahlen des Ladefaktors – aber Atemmasken, Schutzanzüge und Handschuhe (PPE) wiegen nun einmal nicht so schwer.

 

 

In der Kiste und unter dem Strich

Aufschlussreicher ist der von Clive Data Services ermittelte «dynamische Ladefaktor», der nicht nur das Gewicht, sondern auch das Volumen einer Sendung bei der Berechnung der Effizienz der Luftfrachtindustrie berücksichtigt. Das am 24. Juni erstmals vom Weltluftfrachtverband veranstaltete «Tiaca4Cargo»-Webinar lieferte die Erkenntnis, dass der globale Ladefaktor bei ca. 70% liegt, auf der Strecke Europa–Nordamerika sogar bei 91% – und damit um 25 Punkte über dem Vorjahreswert.

 

Volumina, Frachttonnenkilometer und Umsätze sind das Eine, Gewinne das Andere. Zum «einzigen Lichtblick» der Luftfahrt kürte die Iata Anfang Juni die Fracht. Sie vermutet, dass die dieses Jahr geflogene Frachtmenge gegenüber 2019 um 10,3 Mio. t auf 51 Mio. t sinken wird, erwartet aber auch, dass der schwerwiegende Kapazitätsmangel aufgrund der gegroundeten Widebody-Passagiermaschinen die Raten 2020 um etwa 30% erhöhen wird.

 

 

Eine Zeit nach dem dringenden Bedarf an PPE

«Die Frachteinnahmen werden einen Rekordwert von 110,8 Mrd. USD erreichen (gegenüber 102,4 Mrd. USD 2019). Der Anteil der Fracht an den gesamten Einnahmen der Luftfahrt wird ca. 26% betragen – gegenüber 12% im Jahr 2019», prophezeite sie.

 

Liegt das Schlimmste also wirklich hinter uns, wie Clive-Managing Director Niall van de Wouw hofft? Wohl nur, wenn sich die Luftfracht ständig neu erfindet. Denn es dürfte nicht reichen, dass die Branche über das Transportmittel der Globalisierung schlechthin verfügt: Schon stehen Länder wie Kanada vor der Selbstversorgung mit PPE, auf der Nordhablkugel setzt der produktionsarme Sommer ein, und immer mehr Fluglinien stellen wieder unterflurigen Frachtraum zur Verfügung.     

 

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