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  • Energieeffizienz und Nachhaltigkeit – u.a. durch Short Sea Shipping.

Von: Christian Doepgen


Artikel Nummer: 29716

«Mit gesundem Ehrgeiz»

Der Übergang zu einem neuen Kapitel der Schifffahrt steht angesichts der IMO2020 binnen Monaten an. Auf dem jüngsten Euromed-Kongress waren sich die Experten einig, dass die Reeder auf einen Mix von Massnahmen zur Emissionsreduktion setzen müssen.


 

Der Wandel in der Schifffahrt hat sich merklich beschleunigt, wie auch die Teilnehmer des XXIII. Euromed-Kongresses auf Sizilien aus den Podiumsdiskussionen und Redebeiträgen entnehmen konnten. Die ökologische Transformation ist das Gebot des Tages, der frühere Themenschwerpunkt Sicherheit hat gegenüber früheren Jahren an Gewicht verloren.

 

 

Welche Strategie für IMO2020?

«Die Reeder müssen ihre Hausaufgaben machen», liess sich Emanuele Grimaldi, Geschäftsführer der Grimaldi-Gruppe, zu Beginn der Veranstaltung vernehmen. Tatsächlich steht die Umsetzung der Regulatorien zum Schwefelgehalt im Treibstoff unmittelbar bevor. Die Reederei Grimaldi mit neapolitanischen Wurzeln setzt auf einen Mix aus Massnahmen, um die Emissionen der Schiffe zu verringern. Der Einsatz von Nassabscheidern zur Filtrierung des Treibstoffs, der Batteriebetrieb in Häfen sowie Umbau und Silikonanstrich von Schiffsrümpfen stehen beispielhaft für eine lange Liste.

 

Allein 75 Schiffe der Grimaldi-Flotte von 162 Einheiten haben bereits eine Nachrüstung hinter sich. Bei den neuesten Einheiten, so den sechs G5 RoRo-Schiffen, werden moderne Technologien bereits in der Bauphase bis 2020 berücksichtigt, so dass vom Stapellauf an eine 17% höhere Ladungskapazität mit geringeren Emissionswerten als bei den Vorgängermodellen einher ging. Grimaldi: «Wir gehen diese Erneuerung mit gesundem Ehrgeiz an.»

 

Die hohen Investitionen in die Bau- und Modernisierungsmassnahmen haben dem Gesamtergebnis der Grimaldi-Gruppe offensichtlich nicht geschadet. «Auf dieses Jahr sehe ich mit einem Lächeln zurück», kommentierte Grimaldi, der die Gruppe leicht über dem Vorjahresergebnis einstuft. Während z.B. Finnlines als Teil der Gruppe ein starkes Jahr erlebt, werde ACL 2020 in die Gewinnzone zurückkehren. Als «wahren Motor der Entwicklung» würdigte Grimaldi die 16 000 Mitarbeiter des Konglomerats.

 

 

Leitmotiv Klimaschutz

Dass die ökologische Transformation der Schifffahrt das Metathema der Stunde ist, unterstrich u.a. auch Esben Poulsen, Vorsitzender der Internationalen Schifffahrtskammer (ICS). «Es handelt sich um die grösste Gezeitenwende seit dem Übergang vom Segel zur Dampfschifffahrt», so Poulsen. Ausdrücklich betonte er den übergeordneten Stellenwert des Segments Short Sea Shipping, das mit der Substitution von Lkw-Transporten u.a. viele CO2-Emissionen einspare.

 

Dass die rechtliche Umstellung ab 2020 erst der Anfang ist, war allen Podiumsteilnehmern klar. Moderator Alfons Guinier führte aus, dass 2050 – dem Jahr, ab dem die Hochseeschifffahrt emissionsfrei fahren soll – eine geschätzt bis zu drei Mal grössere Handelsflotte als heute auf den Weltmeeren unterwegs sein wird: «Wir müssen unsere Anstrengungen also verstärken – und vervielfältigen.» Die Branche hat den Ruf vernommen, wie Ian Adams, Direktor der Clean Shipping Alliance 2020, ausführte. Bislang gehören 38 Unternehmen der Allianz an, die die Entwicklung neuer Technologien, u.a. von Abgas-Anlagen, mit vorantreiben.

 

Der Stein der Weisen bezüglich der modernen Schiffe, die weitgehend emissionsfrei fahren sollen, ist hingegen noch nicht gefunden. Adams erläuterte, dass weiterhin Mythen bezüglich «sauberen Antrieben» im Umlauf seien: «Der Einsatz von Abgasabscheidern kann den Alkali-Verbrauch nicht vollständig aufheben, und auch das Waschwasser muss nachbehandelt werden.»

 

Eine lebhafte Diskussion entspann sich auch um alternative Treibstoffe. Es wurde u.a. befürwortet, dass die EU Pilotversuche mit neuen Antriebsformen wie Ammoniak oder Wasserstoff vornimmt. Wettbewerbsfähig sind die neuen Antriebe bislang nicht, und der Markt reagiert auf seine Weise auf die neuen Umweltauflagen: «Dieselkraftstoff mit niedrigem Schwefelanteil war vor wenigen Jahren noch für 50 USD pro Tonne zu haben», rechnete Grimaldi vor, «heute beträgt der Preis 500 USD pro Tonne.» Das beste Mittel, den neuen Auflagen zu begegnen, liegt im Bau neuer Schiffe, die den Grenzwerten entsprechen.