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20.03.2019 Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 26941

Facettenreiches Afrika

Bereits zum fünften Mal wurde Ende Februar die Air Cargo Africa veranstaltet. Wohl auch unter dem Impuls der Messe München, die letztes Jahr die Federführung der Veranstaltung übernommen hatte, dürfte es sich dieses Mal um den qualitativ höchstwertigen Anlass gehandelt haben. Dies liess sich auch ITJ-Luftfrachtredaktor Andreas Haug sagen, der vor Ort Stimmen und Stimmungen aufnahm.


Eines vorweg: Dass die Luftfahrt Afrikas derzeit negative Schlagzeilen in den Massenmedien schreibt, liegt allem Anschein nach weniger an der branchenweit angesehenen Fluglinie Ethiopian Airlines als an technischen Mängeln der am 10. März kurz nach ihrem Start in Addis Abeba abgestürzten B737. In Johannesburg hingegen – oder genauer in Ekurhuleni, in Sichtweite des Flughafens O.R. Tambo (JNB) – herrschte zweieinhalb Wochen zuvor Aufbruchstimmung.

 

Unter dem Titel «Liberalisierung und Modernisierung» trafen sich Luftfracht­entscheider aus aller Welt, um auf der Messe Kontakte zu knüpfen und auf der Konferenz Trends zu diskutieren. Dort begrüsste Charles Shilowa, Group Executive Business Development der Airports Company South Africa (Acsa), die den grössten Flughafen Afrikas betreibt, die Wahl des Themas der Veranstaltung: «Bilaterale Abkommen werden den inner­afrikanischen Güteraustausch begünstigen und das Luftfrachtvolumen bis 2030 um 6% wachsen lassen.» Acsa selbst, so Shilowa, bereite sich darauf vor und sei dabei, JNB mit einem Terminal mit einer Jahreskapazität von 2 Mio. t Fracht auszustatten.

 

 

Südafrikanische Sonderstellung

Vuyani Jarana, CEO von South African Airways, ging ebenfalls auf die Vorteile von zwei kontinentalen Liberalisierungs­offensiven ein, dem von 44 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union unterzeichneten Afrikanischen Freihandelsabkommen und dem einheitlichen afrikanischen Luftverkehrsmarkt zur Schaffung eines Binnemarktes für den Luftverkehr in Afrika. Der Kontinent müsse jetzt, wo die Rahmenbedingungen geschaffen seien, die vierte industrielle Revolution ausrufen, so der Manager, dessen Flug­linie ihren Teil dazu beitrage und in Infrastruktur investiere sowie Partnerschaften mit regionalen Anbietern schliesse.

 

Auch auf der folgenden, von Iata-Frachtchef Glyn Hughes moderierten Podiumsdiskussion schimmerte immer wieder die Sonderstellung und Vorbildfunktion Südafrikas durch. Während David Logan, CEO des südafrikanischen Spediteursverbandes, erklärte, dass der E-Commerce das Land vollständig erschlossen habe, wies Jan de Vegt, COO von Kenya Airways, darauf hin, dass lediglich 35% aller Afrikaner über eine postalische Adresse verfügten. «Von wesentlicher Bedeutung für den Fortschritt auf den Gebieten des Handels und Verkehrs ist die staatliche Initiative», unterstrich Sanjeev Gadhia, CEO und Gründer von Astral Aviation, der bei anderer Gelegenheit über die von seinem Unternehmen in Ostafrika geförderten Drohnenprojekte berichtete. Aber auch beim staatlichen Engagement müsse man differenzieren, meinte Steven Polmans, der Frachtchef des Flughafens Brüssel: «Manche investieren, andere aber zu wenig, um das für die kommenden drei Jahrzehnte für den Kontinent prognostizierte Wachstum zu bewältigen.»

 

 

Allgegenwärtige Abwesende

Dass Afrika noch immer bzw. immer mehr als die «letzte Grenze» gilt, wurde auch auf der Messe erörtert. Peter Gerber (vgl. S. 13), der Chef von Lufthansa Cargo, besuchte die Veranstaltung zum ersten Mal und unterstrich damit die Bedeutung des Marktes für das Unternehmen, das nach der kürzlichen Übernahme der Frachtverantwortung für Brussels Airlines auf 177 Flügen pro Woche 33 Ziele in Afrika bedient.

 

Keinen eigenen Stand hatte Qatar Airways gebucht, aber Frachtchef Guillaume Halleux machte im Einzelgespräch (vgl. S. 15) deutlich, was sich der Global Player von der Verdopplung der Bevölkerungs- und damit Konsumentenzahl in den nächsten 20 Jahren verspreche. Darüber hinaus sei man geographisch ideal zwischen Afrika und China gelegen.

 

Chinesische Aussteller waren zwar die grossen Abwesenden der Veranstaltung, das Ausgreifen der Volksrepublik auf den Kontinent wurde aber immer wieder thematisiert. Auch die Beziehungen zur ehemaligen Kolonialmacht, dem Vereinigten Königreich, wurden besprochen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der Belgier Polmans, der die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und den Ausgang des Brexit-Referendums vorhergesagt haben will, Recht behält, meinte er doch, dass die Briten in den zehn Jahren nach dem EU-Austritt ihre Rückkehr beantragen werden.