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  • Foto: DP World

Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 53663

«Optionalität ist unsere stärkste Währung»

Im Gespräch mit David D’Annunzio, Global VP – Vertical Lead, Automotive, DP World. Wie begegnet ein globaler Logistiker den Umbrüchen in der Automobilindustrie? DP-World-Manager David D’Annunzio kam aus Texas in die Heimat von BMW, um über neue Standards für EV-Logistik, Daten als Entscheidungsgrundlage – und warum sich Logistikstrategien nicht mehr am billigsten, sondern am klügsten Weg orientieren sollten.


Herr D’Annunzio, wie würden Sie die aktuelle Lage der globalen automobilen Lieferketten beschreiben?

 

Wir befinden uns in einem Zustand des Wandels. Es gibt zahlreiche externe Einflüsse – von der Debatte um den richtigen Antriebsstrang bis hin zu geopolitischen Spannungen und sich laufend ändernden Zollregelungen. Viele Hersteller wissen selbst nicht genau, wie ihre Strategie aussieht. Unsere Aufgabe bei DP World ist es daher, flexibel zu bleiben und handlungsfähig zu sein, sobald beim Kunden Entscheidungen fallen.

 

 

Wie wirkt sich diese Unsicherheit auf Ihre logistischen Strategien aus?

 

Wir verstehen uns als nachgelagerter Partner. Wenn etwa ein OEM in den USA nicht weiss, wie er mit kurzfristigen Zollerhöhungen umgehen soll – wie zuletzt 50% auf Stahl –, sind auch unsere Optionen begrenzt. Was wir tun können: unsere globalen Kapazitäten ausbauen und möglichst viele Lösungen bereithalten, um bei Bedarf schnell zu reagieren.

 

 

Welche Rolle spielt dabei das Thema Resilienz?

 

In einem volatilen Umfeld sind Flexibilität und Optionen entscheidend. Stichwort «Re-Globalisierung» – heute braucht jede belastbare Lieferkette Alternativen. DP World verfolgt dabei den Ansatz, möglichst viele Leistungen aus einer Hand anzubieten. So verringern wir Komplexität und erhöhen Reaktionsgeschwindigkeit. Optionalität ist unsere stärkste Währung.

 

 

Wie wichtig sind multimodale Lösungen in der Automobillogistik?

 

Sehr wichtig. DP World kombiniert klassische Terminalservices mit einem wachsenden Logistikportfolio. In Ländern wie Indien betreiben wir eigene Bahn- und Strassenverkehre. In anderen Regionen greifen wir auf Partner zurück. Entscheidend ist: Wo wir eigene Assets haben, kontrollieren wir die Kapazitäten – ein klarer Vorteil in angespannten Märkten.

 

 

Wie verändert die Elektromobilität Ihre operativen Anforderungen?

 

Batterien bringen neue Komplexität – bei Handling, Lagerung, Rückführung. In den USA etwa gibt es keine einheitlichen Standards, oft gelten die Regeln der örtlichen Feuerwehr. In Deutschland sind wir in diesem Bereich am stärksten aufgestellt. Parallel müssen wir auch klassische Verbrennerteile weiterführen – das bedeutet höhere Lageranforderungen und neue Prozesse.

 

 

Welche digitalen Werkzeuge setzen Sie ein?

 

Wir arbeiten an mehreren Fronten: KI-basierte Automatisierung im Lager, Bilderkennung bei der Palettenidentifikation, Prognosemodelle für Nachfrageentwicklung. Wenn die Datenqualität stimmt, können wir damit Effizienz und Genauigkeit deutlich steigern. Aber ohne saubere Daten nützt auch die beste Technologie wenig.

 

 

Was raten Sie Automobillogistikern für die kommenden 18 Monate?

 

Priorisieren Sie Flexibilität statt kurzfristiger Einsparungen. Strategische Beschaffung allein reicht nicht mehr – es geht darum, auf Unvorhersehbares vorbereitet zu sein. Wer Logistik frühzeitig in die Fahrzeugentwicklung einbindet, kann strukturell effizientere Prozesse aufbauen.

 

 

Und Ihre Vision für DP World?

 

Heute gelten wir laut Gartner noch als Nischenanbieter. Bis 2030 wollen wir zur Spitzenkategorie aufsteigen – als voll integrierter Logistikpartner der Automobilindustrie.

 

 

Wie kann Logistik in der Automobilindustrie zur strategischen Stärke werden?

 

Oft wird Logistik als reiner Kostenfaktor gesehen – dabei kann sie, richtig eingesetzt, einen echten Wettbewerbsvorteil bieten. Wenn wir frühzeitig in die Entwicklung neuer Fahrzeugplattformen eingebunden werden, können wir Prozesse mitgestalten: vom Verpackungskonzept über die Transportplanung bis zur Effizienz im Lager. Das reduziert Aufwand und Fehler, bevor sie entstehen.

 

 

Wo sehen Sie die grössten Innovationspotenziale bis 2030?

 

Ganz klar in Automatisierung und Robotik – kombiniert mit KI. Gerade in Europa sehen wir einen zunehmenden Arbeitskräftemangel in der Logistik. Viele Tätigkeiten wandern nach Osteuropa oder werden durch ausländische Arbeitskräfte ersetzt. Mit Automatisierung können wir nicht nur Effizienz steigern, sondern auch verlässlich planen – das ist entscheidend für eine stabile Lieferkette. 

 

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