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  • Foto: Hafen Hamburg

Von: Clemens Finkbeiner-Dege


Artikel Nummer: 49256

Mehr Zählbares aus Berlin?

Strategie für sämtliche deutsche Häfen als Etappen-Geburt. Die deutsche Hafenwirtschaft will mehr Hilfe vom Bund. Bislang standen die Seehäfen und die fünf Bundesländer, in denen sie liegen, mit der Finanzierung faktische alleine da. Ende März hat die Bundesregierung nun endlich eine nationale Hafenstrategie veröffentlicht, die ausser den See- auch die Binnenhäfen betrifft. In den 68 Seiten des Dokuments fehlt aber ein entscheidendes Detail.


Als ob sie nicht schon genug um die Ohren hätte, nahm sich die deutsche Bundesregierung kurz vor Ostern auch noch die Häfen vor, See- und Binnenhäfen gleichermassen. Es wurde aber auch höchste Zeit: Zum blossen Güterumschlag, den die Häfen teilweise seit Jahrhunderten – Hamburg feiert vom 9. bis 12. Mai seinen 835. Hafengeburtstag – betreiben, sind aktuell immer mehr Scharnierfunktionen für die Industrienation hinzu gekommen.

Angefangen mit dem Eintritt in die regenerative Energiegewinnung (Windenergie, Wasserstoff, befristet auch LNG) über zunehmende Sicherheitsaufgaben nehmen Klima-, Umweltschutz- und insbesondere Emissionsabbau mehr und mehr Raum ein. Ganz aktuell hat sich die Cyberwelt dazu gesellt mit moderner Logistik, verlangt aber auch Schutz vor Missbrauch und Datenklau.

Bedeutung für die ganze Industrienation

Alles in allem sichere die Hafenwirtschaft fünf Millionen Beschäftigungen in ganz Deutschland direkt und indirekt. «Ohne die Häfen in Norddeutschland ist auch die Produktion in Süddeutschland lahmgelegt», so der Maritime Koordinator der Bundesregierung, der grüne Abgeordnete Dieter Janecek weiter.

Mit der Finanzierung standen die Häfen und ihre fünf Bundesländer dagegen faktisch allein da. Mickrige 38 Mio. EUR betrug die Zuwendung aus Berlin für die «Hafenlasten» zuletzt. Zuwenig für Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard. Sie fordert mit den anderen Küstenländern erheblich mehr Bundeshilfe für die Häfen. 400 Mio. EUR seien jährlich nötig, sagen sie unisono.

«Ohne Häfen keine Exportnation», zitiert Leonhard eine gemeinsame Erklärung vom letzten Herbst. «Hier wird verschifft, was in Deutschland produziert wird, von hier aus werden globale Handelsbeziehungen erzeugt – und hier wird importiert, was in der ganzen Republik in den Regalen liegt.» Über 60% des deutschen Aussenhandels erfolgten auf dem Seeweg. «Die Küstenländer sind aber allein nicht in der Lage, die erheblichen Investitionen angesichts der nun anstehenden nationalen Herausforderungen und Aufgabenstellungen der Energiewende, des Klimawandels und auch der Sicherheit eigenständig zu lösen», erklären die Küstenländer weiter.

Ausbau von Strassen und Schienen

Das Drängen sollte jetzt nach einigen Jahren zumindest einen Teilerfolg haben. 68 Seiten umfasst der am 20. März veröffentlichte Regierungsbeschluss, der sich als Rahmenkonzept für «eine nachhaltige Hafen- und Infrastrukturpolitik» versteht, wiewohl ohne Finanzangaben.

Ein umfangreicher Massnahmenkatalog beschreibt in 139 Einzelpunkten, wie ein «bedarfsgerechter» Ausbau der 20 Seehäfen an Nord- und Ostsee und der rund 100 Binnenhäfen im ganzen Land erfolgen soll. Die Häfen sollen beispielsweise enger kooperieren und ihre Sicherheit steigern, auch zum Schutz vor Cyberangriffen. Dem Bund sind darüber hinaus die Einbeziehung des Hinterlands und der Ausbau von Strassen und Schienen wichtig, welche die Häfen erschliessen.

So sehr sich Küstenländer, Hafen- und Seehandelswirtschaft in dem Beschluss wiederfinden – viele Detailpunkte entstammen ja ihrer jahrelangen Vorbereitung –, so einig sind sie im zentralen Punkt ihrer Kritik: den fehlenden Finanzaussagen.

In einer gemeinsamen Erklärung der zuständigen Hafenminister und -senatoren vom selben Tag werden als nächster Schritt die bundesweite Förderung und ein erhöhter Ausgleich für die besonderen finanziellen Belastungen der Seehäfen verlangt, «um ins Handeln zu kommen». Noch schärfer gaben sich der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB): Dem «Kabinettsbeschluss fehlt […] eine zentrale Voraussetzung: die Mittel zur Umsetzung.»


 

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