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  • Lorenzo Stoll, «neu in der Luftfracht, aber erfahren in der Luftfahrt».

Von: Andreas Haug


Artikel Nummer: 39329

Mit unverändertem Fokus

Vielleicht ist Lorenzo Stoll, der vor gut zehn Monaten auf Ashwin Bhat gefolgt ist, gerade in diesen Zeiten genau der richtige Mann an der Spitze von Swiss Worldcargo: Als Sohn einer Tessinerin in Zürich geboren und grösstenteils in der Westschweiz aufgewachsen, war er dort u.a. für Nestlé tätig, bevor er 2013 zu Swiss wechselte. Mit kreativen Ideen geht er ins Frachtgeschäft, erfuhr ITJ-Redaktor Andreas Haug.






Herr Stoll, Sie sind seit 1. April letzten Jahres an der Spitze von Swiss Worldcargo (SWC). Wie viel Spass bereitet es, die Frachtdivision eines Legacy Carriers in diesen besonderen Zeiten zu leiten?


Es sind tatsächlich besondere und herausfordernde Zeiten, wobei das letzte Jahr wieder gezeigt hat, wie wichtig das Frachtgeschäft ist – nicht nur für Swiss, sondern für die ganze Welt.
Aufgrund der Krisenlage war ich von Tag 1 an sehr beschäftigt. Erste Priorität hatte das Treffen und Kennenlernen aller Mitarbeiter und der verschiedenen Abteilungen sowie das Verstehen der Geschäftsabläufe. Ich war zwar neu in der Fracht, aber nicht in der Luftfahrt. Jetzt kann ich behaupten, dank der Kollegen hier viel gelernt zu haben. Mit den Teams von SWC lässt sich toll arbeiten. Gleichzeitig hat die Pandemiesituation etwas Surreales, da ich nur wenige Kollegen persönlich treffen konnte. Das möchte ich schnell nachholen.

 



Was war Priorität Nummer 2?
So viele Kunden wie möglich zu treffen. Auch hier haben viele Begegnungen online stattgefunden, und ich hoffe auf zahlreiche persönliche Treffen in naher Zukunft.


Parallel zu diesen Prioritäten lag mein Fokus darauf, uns – SWC und Swiss – durch diese schwierige Zeit zu navigieren. Fracht befindet sich, wie Sie wissen, in einer besonders interessanten Position: Die starke Nachfrage hat uns viel zu tun gegeben und Anforderungen an die Versorgung der Schweiz sowie ihres Exportbedarfs gestellt. Zeitweise haben wir eine vitale Rolle für die Verbindung des Landes mit dem Rest der Welt gespielt.

 



Wie haben Sie das geschafft?
Die Krisenzeit hat gezeigt, wie sich SWC dynamisch an neue Bedingungen anpassen kann. Das bestärkt uns darin, dass unsere strategische Ausrichtung eines Premium-, kunden- und lösungsorientierten Ansatzes die richtige ist.

 

 


Wie drückt sich diese veränderte Bedeutung in konkreten Zahlen aus?
Das Frachtgeschäft war immer fundamental für Swiss, weil wir nicht nur die Schweizer mit der Welt verbinden, sondern auch Geschäftstätigkeiten. Während der Pandemie ist die Fracht immer wichtiger geworden. 2019 hatte SWC ca. 11% Anteil an der gesamten Tätigkeit der Fluglinie. Im Folgejahr entfielen auf sie 40% des Umsatzes auf der Langstrecke. In absoluten Zahlen war es aber deutlich unter den früheren Werten. Auch 2021 haben wir gute Ergebnisse verzeichnet, liegen aber immer noch unter denen von 2019.

 

 


Wie wichtig war in dieser Zeit die Langstrecke für eine Fluglinie ohne ein nennenswertes nationales Flugnetz?
Hauptsächlich dank einer anhaltend hohen Frachtnachfrage war und ist Swiss überhaupt fähig, ein vergleichsweise breites Langstreckennetz während der Pandemie aufrecht zu erhalten. Seit deren Beginn haben wir manche Ziele jenseits unseres Netzes wie Seoul oder Santiago de Chile auch als Nurfrachtrouten bedient.

 



Wie haben sich die einzelnen geografischen Märkte entwickelt?
Osaka und Washington, die im März 2020 kurz nach Ausbruch der Pandemie lanciert wurden, waren vorübergehend im Flugnetz, bevor Anpassungen vorgenommen werden mussten. Zu Beginn der Pandemie waren wir fähig, die Schweiz weiterhin mit Asien zu verbinden, seitdem wurden auch die Routen nach Nahost, Nord- und Südamerika angepasst und solide betrieben.

 

 


Dafür hat Swiss auch drei ihrer zwölf B777 als Nurfrachter eingesetzt. Bedauern Sie angesichts der anhaltenden Pandemielage nicht, die «Preighter» im Oktober 2021 in ihre Passagierkonfiguration rückgebaut zu haben?
Nein, das bedauern wir nicht, weil es auch SWC mehr Flexibilität in den Rotationen der Flugzeuge ermöglicht.

 



Welche Erwartungen haben Sie an 2022?
In den letzten Jahren haben wir uns den Ruf eines vertrauenswürdigen Partners für den Transport von Gütern erarbeitet, die einen sorgfältigen Umgang erfordern. Darauf wollen wir bauen. Die Pandemie, verstopfte Lieferketten und wirtschaftliche Volatilität waren Teil des letzten Jahres und werden wohl auch Themen im neuen sein. Die Folgen für die Luftfrachtbranche und die Schweiz sind unklar, aber was mein Team und mich betrifft, liegt unser Fokus weiter darauf, unseren Kunden einen zuverlässigen, stabilen und qualitätsgesteuerten Service zu bieten.

 



Und darüber hinaus?
«Digitalisierung» ist kein Modewort, sondern passiert täglich um uns herum. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir wie andere auch weiter in neue Technologien und Plattformen investieren. Gleiches gilt für die Nachhaltigkeit. Es ist wichtig, Transparenz über den CO2-Verbrauch zu geben und zusätzliche Kompensationsoptionen zu bieten, z.B. durch SAF.