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Artikel Nummer: 40454

ITZ 17-18/2022


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Dass man den Frieden am ehesten bewahrt, wenn man sich auf den Krieg vorbereitet, ist kein Merksatz, der sich auf politisch-militärische Zusammenhänge beschränkt. Die Logistik, die als Begriff aus eben diesem Bereich stammt, hat spätestens seit der permanenten Überlastung der globalen Lieferketten keine Wahl, als nach den gleichen Grundsätzen zu funktionieren.

Die früher selbstverständliche Verfügbarkeit von Kapazitäten, Mensch und Material, ist seit Mitte 2020 einer seit langer Zeit unbekannten Verknappung unterworfen. Mehr Bruch als Wandel, hat diese wirtschaftliche Erfahrung tatsächlich das Zeug dazu, mit dem entsprechenden historischen Abstand einmal als «neue Ära» bezeichnet zu werden. Seit kurzem rangiert in Industrie und Handel oftmals Lieferkettensicherheit vor Kostenoptimierung.

Nun wäre es psychologisch ebenso verständlich wie leichtfertig, diese vorübergehende Marktsituation für die eigenen Zwecke auszunutzen. Den Verlader mit Preis und Termindruck an den Katzentisch zu verbannen, an der er die Logistik selbst allzu lange platziert hatte, wird keiner langfristigen Kundenbeziehung gut tun. Selbst die Macht der Oligopole kennt ihre Grenzen, wie die Mineralölkonzerne – die die Preisaufschläge der Lieferanten unmittelbar an die Verbraucher weitergegeben haben, sich aber bei sinkenden Einkaufspreisen mit der Anpassung ihrer Preisgestaltung schwer tun – anhand der regulatorischen Massnahmen mancher Länder gerade lernen. Vorausschauende Kulanz hat ihre Wirkung auf Kundentreue noch selten verfehlt.

Daneben steht die Suche nach alternativen Lösungen für Fracht im Stau im Vordergrund. Auf einen Verkehrsweg, der den überhitzten Seeweg zwischen China und Europa entlastet, richten sich gerade viele besorgte Blicke. Die Group of European Trans Eurasia Operators and Forwarders (Geto), die seit 1978 in Basel ansässig ist, hat kürzlich Befürchtungen geäussert, dass der Krieg in der Ukraine den eurasischen Transitkorridor gefährden könnte. Der zentrale Appell lautet: «Die jahrelange Aufbauarbeit am eurasischen Korridor könnte unwiderruflich zunichtegemacht werden.»

An dieser Stelle ist der Blick auf die «eine Welt» anzeigt. Ebenso wie Tschaikowskis Musik ein Beitrag zur universalen menschlichen Kultur ist, sind Verkehrswege in erster Linie Versorgungswege für Menschen. Halten wir die Schäden durch Konflikte mit Augenmass und Umsicht kurz- wie langfristig so klein wie möglich.

Auch hiervon lesen Sie in unserem Special über Ostmitteleuropa, in dem trotz Krieg auch erbauliche Informationen zu finden sind.

Christian Doepgen
Chefredaktor


 

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