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Von: Claudia Behrend


Artikel Nummer: 51305

Umgedrehte Geburtstage

«Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles, was gezählt werden kann, zählt.»   Albert Einstein (1879–1955), schweizerisch / US-amerikanischer theoretischer Physiker deutscher Herkunft


 

 

 

Auf manche Ideen würde ich selbst nicht kommen. Umso mehr freue ich mich, wenn sie mir einfach über den Weg laufen. So war es auch vor einigen Tagen. Eine Frau und zwei Männer gingen hinter mir und unterhielten sich über ihre Geburtstage. Als einer der Männer seinen nannte, platzte es aus der Frau heraus: «Das ist ja toll, du hast am 3.9. und ich am 9.3. Dann haben wir ja umgedrehte Geburtstage. Dabei bin ich zwei Monate zu früh geboren, das Schicksal wollte also, dass wir um­gedrehte Geburtstage haben.»

Mit etwas Bedauern dachte ich daran, dass dieses Glück nur Menschen zuteil wird, die bis einschliesslich des 12. eines Monats geboren wurden, der Grossteil hat das also nicht. Aber stimmt das eigentlich? Schliesslich sind Geburtstage nicht gleichmässig über das Jahr verteilt. In Deutschland werden beispielsweise mehr Menschen im Spätsommer und Frühherbst geboren, wobei insbesondere der September als geburtenstärkster Monat hervorsticht. So ist es auch in den meisten westlichen Ländern: In den Wintermonaten werden dort mehr Kinder gezeugt.

 

In diese Zeit fallende Geburtstage gibt es dagegen seltener, vor allem gilt das für den Februar. Auch Feiertage wie Weihnachten und Neujahr weisen niedrige Geburtenraten auf, da medizinische Eingriffe oft auf andere Tage verschoben werden. Ausserdem zeigen aktuelle Zahlen aus dem Jahr 2023, dass 28% mehr Geburten montags bis freitags als an Wochenenden stattfanden.

 

Eine Stichprobe in meinem engeren Umfeld jedenfalls ergab, dass von 30 Personen nur neun in den ersten zwölf Tagen geboren wurden. Das ist natürlich nicht repräsentativ. Also fragte ich beim Statistischen Bundesamt nach und verglich die Geburten in den Tagen 1 bis 12 mit denen in den Tagen 19 bis 30 eines jeden Monats von 2014 bis 2023.

 

Das Ergebnis: Während in manchen Jahren (wie 2021, 2020 und 2019) mehr Babys gegen Ende des Monats geboren wurden, ist in anderen Jahren (wie 2023 und 2022) ein leichter Anstieg in der ersten Hälfte des Monats zu verzeichnen. Es gibt also keinen einheitlichen Trend über diese Jahre hinweg.

 

Rechnerisch haben bei einer durchschnittlichen Zahl von circa 30,4 Tagen
pro Monat in unserem gregorianischen Kalender knapp 40% in den ersten zwölf Tagen Geburtstag und können diesen doppelt feiern.

 

Insbesondere diejenigen, deren Winter­geburtstage auf den 4. bis 9. Tag des Monats fallen, und die wetterbedingt bisher nicht draussen feiern wollten, es aber gern täten, haben jetzt offizielle Ausweichtermine. Rechnerisch sind es allerdings nur knapp 9% der Menschen, die in der kalten Jahreshälfte an diesen sechs Tagen Geburtstag haben.

 

Es sei denn natürlich, es gäbe andere Kalender. Und tatsächlich, in Äthiopien sind es 13 Monate, zwölf Monate mit 30 Tagen und ein zusätz­licher kurzer Monat mit fünf oder sechs Tagen, je nach Schaltjahr. Immerhin 1,4% mehr Menschen als hierzulande können dort also in einem normalen Jahr rechnerisch ihren umgedrehten Geburtstag feiern.

 

Andererseits: Wer sagt denn, dass man sich nur an einem oder zwei Tagen feiern darf? Kürzlich kam ich während einer Bahnfahrt mit einer Frau ins Gespräch, die sagte, sie sei jetzt 57½. Warum also nicht den Halbgeburtstag feiern, oder sich selbst einen anderen Anlass schaffen? Dann gibt es öfter Kuchen und Blumen! Sowieso – jeder Tag ist ein guter Tag, um gefeiert zu werden!     

 

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